gottlos.at wurde im März 2011 gegründet und arbeitete zu Beginn unter dem Arbeitsnamen „Aktionsgruppe Religionskritik“. Der Name gottlos.at wird seit Herbst 2011 verwendet nachdem er sich bereits zuvor als Bezeichnung sowohl unter den AktivistInnen als auch als Fremdbezeichnung zunehmend durchgesetzt hatte. Er ist offensichtlich eingängiger und wir werden ihn in Zukunft beibehalten.
Im Folgenden fassen wir die Aktivitäten von gottlos.at im vergangenen (und ersten) Jahr des Projekts zusammen:
13. März 2011
Anfang März wurde ein erstes Treffen abgehalten um das Projekt vorzustellen und erste konkrete Schritte zu planen. Unter anderem wurde bei diesem Treffen beschlossen sich zukünftig alle zwei Wochen zu treffen und schnellstmöglich einen kurzen Selbstdarstellungstext zu produzieren der unsere Arbeitsweise und unsere Ziele beschreibt. Der Text wurde in den darauffolgenden zwei Wochen ausgearbeitet und ging am 1. April in Druck. Der Blog auf gottlos.at und ein Newsletter wurden ebenfalls bis dahin eingerichtet. Die Gruppentreffen finden seit März regelmäßig statt. Sie dienen sowohl der Aktionsplanung als auch der inhaltlichen Diskussion und sind Anlaufstelle für alle die mit uns diskutieren und Aktivitäten planen möchten.
15. April 2011
Der Vortrag „Luft & Liebe – Askesewahn in Religion und Esoterik“ war die erste größer angekündigte öffentliche Veranstaltung von gottlos.at und befasste sich mit religiös begründetem Verzicht, mit der Genussfeindlichkeit vieler Religionen und mit der Frage nach den Alternativen wobei der Begriff eines verantwortungsvollen Hedonismus erörtert wurde. Auch der ein halbes Jahr zuvor erschienene Film von P.A. Straubinger zur sog. Lichtnahrung (einer extremen Form des Nahrungsverzichts) und die dahinterstehenden religiösen Vorstellungen wurde besprochen. Die Veranstaltung fand in der Galerie BOEM statt und war – dem Thema entsprechend – kulinarisch durchaus ansprechend und gut besucht.
3. Mai 2011
Die Podiumsdiskussion „Ethikunterricht – Religion durch die Hintertür?“ die anlässlich der parlamentarischen Enquete zum Ethikunterricht einen Tag vor dieser Anhörung stattfand, kann trotz sehr kurzer Vorbereitungszeit (nur etwa zwei Monate nach dem ersten Treffen von gottlos.at) als positiv resümiert werden. In einem Hörsaal am NIG der Universität Wien sprachen Dr. Heinz Oberhummer, Vertreter der Konfessionsfreien bei der parlamentarischen Anhörung, mit dem Freidenker und Publizisten Christoph Baumgarten und mit dem Vorsitzenden der Allianz für Humanismus und Atheismus Wolfang Huber. Thema waren vor allem die Versuche katholisch-konservativer politischer Kreise (allen voran der ÖVP) einen verpflichtenden Ethikunterricht durch ReligionslehrerInnen für vom Religionsunterricht abgemeldete SchülerInnen einzuführen. Besonders erfreulich ist, dass einige SchülerInnen und Eltern anwesend waren die von ihren unterschiedlichen Erfahrungen mit den bereits an manchen Schulen laufenden Versuchen mit derartigen Ethikunterrichtsmodellen berichten konnten. Die angefragten VertreterInnen der katholischen und evangelischen Kirche vermieden es sich der Diskussion zu stellen.
31. Mai 2011
Unter dem Titel „Wahn und Waldorf“ wurde Ende Mai anlässlich des Rudolf Steiner Jahres zusammen mit der GEWI (Fakultätsvertretung Geistes- und Kulturwissenschaften) der Buchautor Peter Bierl zu einem Vortrag ins NIG eingeladen. Der Vortrag, der auch als Audiomitschnitt auf gottlos.at zur Verfügung steht (s. unten), behandelte nicht nur die Entstehungsgeschichte und den Charakter der Lehren Rudolf Steiners sondern auch das den Waldorfschulen zugrunde liegende weltanschauliche Konzept. Auch in der anschließenden Diskussion eingehend besprochen wurde der Antisemitismus und Rassismus Steiners und das ambivalente Verhältnis der Anthroposophie zum (frühen) Nationalsozialismus. Das Thema war offenbar gut gewählt und die Veranstaltung wurde wahrgenommen denn es waren über 100 ZuhörerInnen, darunter auch VertreterInnen anthroposophischer Vereinigungen, anwesend.
Audiomittschnitt: Steiner Vortrag – Bierl
3./4. September 2011
Am Volksstimmefest war gottlos.at zusammen mit dem linken Druckereiprojekt „Druckraum“ mit einer Cocktailbar und einem umfangreichen Büchertisch vertreten. Für diesen Büchertisch wurde zuvor von den meisten atheistischen und religionskritischen Organisationen im deutschsprachigen Raum Material angefordert um einen Überblick über das gesamte Spektrum geben zu können. So waren neben der Zeitung des Freidenkerbundes auch Texte und Zeitungen des deutschen IBKA, der GWUP, der AHA und des Alibri Verlages sowie des skeptischen Theaterprogramms „Science Busters“ vertreten. Bücher von über 20 verschiedenen AutorInnen zu den Themen Religion, Wissenschaft und Religionskritik wurden aufgelegt. Auch etwa 50 verschiedene Buttonmotive wurden gepresst und mehrere hundert verkauft. Inhaltlich gab es bis auf wenige Ausnahmen positive Rückmeldungen. Die Teilnahme am Volksstimmefest bewerten wir daher insgesamt sowohl finanziell als auch politisch als sehr erfolgreich und wollen auch 2012 wieder vertreten sein.
3. Oktober / 10. November 2011
Zum Semesterstart war gottlos.at mit zwei Büchertischen vor der TU und der Uni Wien präsent. Bei beiden wurde viel diskutiert, es wurden jedoch kaum Bücher verkauft. Die Diskussionen über die aufgelegte Literatur empfanden wir allerdings als interessant und wichtig weswegen weitere derartige Infotische für 2012 geplant sind.
12. November 2011
Unter dem Titel „Ungläubig“ erschien im November ein Buch von Friedrich Pirker in dem sich der Autor auf unterhaltsame Weise mit dem Leben als Atheist auseinandersetzt. Karl Linek las einige Anekdoten aus dem Buch und sprach mit dem Autor über seine kritische Haltung zu Religion und Esoterik. Die Lesung, die leider nicht gut besucht war, wurde dafür von okto aufgezeichnet und wurde am 26. Jänner 2011 zum ersten Mal gesendet.
7. Dezember 2011
Eine überarbeitete Version unseres Folders wurde erstellt, inhaltlich noch einmal diskutiert und – dieses Mal in Farbe und in deutlich besserer Qualität – mit einer Auflage von 5000 Stück in Druck gegeben. Der Folder soll auf unseren Aktionen 2012 breit verteilt werden.
14. Dezember
Mitte Dezember fand auf der TU das „Esoterik-Powerpoint-Karaoke“ statt, das zusammen mit der TU*Basis veranstaltet wurde. Beim Powerpoint-Karaoke referieren KandidatInnen aus dem Publikum zu ihnen zuvor unbekannten Powerpointfolien. Die Folien sind so gewählt, dass es schwierig ist sie ohne Vorwissen zu einem kohärenten Vortrag zu verbinden. In diesem Fall wurden besonders absurde Präsentationen aus dem esoterischen und religiösen Umfeld ausgewählt. Nach jedem Vortrag wurde die „Leistung“ der KandidatInnen von einer Jury (nicht ganz ernstgemeint) bewertet. Ein Publikumspreis wurde ebenfalls vergeben. Die Veranstaltung war als Unterhaltungsprogramm konzipiert, sollte aber auch die Absurdität und Beliebigkeit zeigen mit der vor allem in der Esoterik mit Sprache, Bildern und pseudowissenschaftlichen Erklärungen operiert wird. Es waren etwa 40 BesucherInnen gekommen, viele von ihnen meldeten sich zu den Vorträgen. Die Zusammenarbeit mit der TU*Basis wurde insgesamt als sehr angenehm und produktiv empfunden und soll fortgesetzt werden.
17. Dezember 2011
„Kitsch & Cocktails – Alles außer Weihnachten“ war das Motto unserer Jahresabschlussfeier kurz vor Weihnachten. Das Fest, das gut besucht und finanziell erfolgreich war, fand im Druckraum in Ottakring statt. Organisiert war es als Bad-Taste-Themenparty mit Karibik- und Osterhasenkitsch. Es war auch als niederschwellige Kritik an Adventkommerz und kirchlichem Moralanspruch in der Weihnachtszeit intendiert, sollte aber vor allem Spaß machen und auch zur Finanzierung unserer Kampagnen im neuen Jahr beitragen.
ergänzend zur Veranstaltung vom 31. Mai 2011 – „Wahn und Waldorf“ – von Peter Bierl hier ein Hinweis auf:
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“Die Sekte und die Schule – Bildungswissenschaftler Prof. Hopmann im Interview über die Waldorfschule
Ende Dezember 2011 gibt es in Deutschland 227 Waldorfschulen. Betrieben werden sie von der „Anthroposophie als Ersatzreligion des Bildungsbürgertums“, so „Die Zeit“. Bis heute ist Rudolf Steiner (1861–1925), Begründer der Religion Anthroposophie, unangefochtener Guru der Waldorfschulen. Das erstaunt doch sehr:
– Rudolf Steiner ist selbsternannter Hellseher, behauptete, in der „Akasha-Chronik“, einem „Geistigen Weltengedächtnis“ im „Äther“ lesen zu können.
– Rudolf Steiner ist Rassist, sein Programm in Kürze, Zitat Steiner: „Die weiße Rasse ist die zukünftige, ist die am Geiste schaffende Rasse.“
– Rudolf Steiner hatte keinerlei pädagogische Ausbildung, Kurt Tucholsky schreibt: „Man sagt, Herr Steiner sei Autodidakt. Als man dem sehr witzigen Professor Bonhoeffer in Berlin das einmal von einem Kollegen berichtete, sagte er: »Dann hat er einen sehr schlechten Lehrer gehabt –!«“
Prof. Dr. Stefan T. Hopmann, Bildungswissenschaftler an der Universität Wien, im Interview über Waldorfschule, Rudolf Steiner und die Anthroposophie: (…)
(…) Lichte: noch einmal zur Jahrsiebtelehre – von 0–7 Jahre wird der physische Leib entwickelt, von 8–14 Jahre der Ätherleib, von 15–21 Jahre der Astralleib, vom 21 Lebensjahr an endlich das „Ich“ – erst dann ist der Mensch ein Mensch. Was sagen Sie zu Steiners Mensch aus dem Esoterik-Baukasten?
Hopmann: Wir leben in einer freien Gesellschaft. Also hat jede/r das Recht, jeden Unfug zu glauben. Nur sollten sich Eltern, die ihr Kind einer Waldorfschule anvertrauen, darüber im klaren sein, dass sie dann einer Pädagogik vertrauen, die ein heilloses Gebräu esoterischer Glaubenssätze über Drüsen, Zahnentwicklung, astrologischen Einflüsse und ähnliches ist, das von der modernen Kinderpsychologie und der aktuellen Lehr-Lern-Forschung durchweg als durch nichts begründbarer Unsinn abgelehnt wird. Entschiedene Waldorfianer wird das nicht anfechten: Wie alle Sekten sind sie gegen widersprechende Wissenschaft immun (…)”
weiter zum vollständigen Interview mit Prof. Hopmann: http://ratgebernewsblog2.wordpress.com/2012/01/18/150-jahre-rudolf-steiner-prof-hopmann-im-interview-uber-die-waldorf-sekten-schule/